Hurrikanaktivität und Einfluss auf die Witterung Mitteleuropas
Aus früheren Untersuchungen ist bereits bekannt, dass die
Wassertemperaturen des südlichen Nordatlantiks und der Karibik einen
gewissen Einfluss auf die Hoch- und Tiefdruckbildung im
atlantisch-europäischen Raum haben. Interessant ist nun die Tatsache,
dass die Wassertemperaturen im Spätsommer und Herbst der erwähnten
Region eng an die dortige Hurrikan-Saison gekoppelt sind. Daher schien
es plausibel, die Auswirkungen von besonders wirbelsturmintensiven
Jahren auf die europäische Witterung in den Folgemonaten zu untersuchen.
Hintergrund ist der Umstand, dass das Jahr 2017 mit bislang (Stand Mitte
Oktober) zehn registrierten Hurrikans ein recht aktives darstellt und
sich daher gut als Untersuchungsgrundlage eignet.
Betrachtet man nämlich ab 1930 jene Jahre, in denen
mindestens 10 Hurrikans über dem Nordatlantik beobachtet wurden, so
ergibt sich ein interessantes Bild bezüglich der Temperatur-(abweichung)
des Gesamtzeitraums November / Dezember in Mitteleuropa (s. Bild links).
In 7 von 8 Jahren war der erwähnte Zeitraum zumindest durchschnittlich
oder gar zu kalt. Bei der einen Ausnahme (2012) betrug die Abweichung
nur +0.6 K. Noch deutlicher war der Zusammenhang hinsichtlich der
nordhemisphärischen Zirkulationsverhältnisse, denn in allen betrachteten
Jahren zeigte sich eine Tendenz deutlich zu hohen Luftdrucks im Bereich
Grönland/Island und/oder Skandinavien, was die Neigung stärkerer
Kältevorstöße nach Mitteleuropa erhöht (s. Bild unten).
Offensichtlich ist also eine wirbelsturmaktive Saison an eine Störung
der allgemeinen Westwindzirkulation im Frühwinter gekoppelt.
Eine rein physikalische Erklärung dieser Kopplung ist allerdings nur
schwer möglich, da Hurrikans gern beim Übertritt in nördlichere Gefilde
in die nordatlantische Zirkulation einbezogen werden, damit die
Tiefdruckbildung vor Neufundland zusätzlich ankurbeln und für eine
Aufrechterhaltung einer zonalen, westwindorientierten Wetterlage sorgen
sollten. Somit müsste in Hurrikan-aktiven Jahren eigentlich die
Westdrift über dem Nordatlantik und Europa besonders gut ausgeprägt sein
mit der Folge, dass im (Früh-)Winter größtenteils milde Luftmassen über
Mitteleuropa liegen.
Diese Überlegung widerspricht jedoch klar den Untersuchungsergebnissen,
die das genaue Gegenteil erkennen lassen. Wahrscheinlich spielen hier
noch weitere Faktoren und Einflüsse eine bedeutende Rolle, die die oben
genannte Theorie überlagern und zeigen, wie schwierig eine physikalische
Deutung bei statistischen Auswertungen sein kann.